Autor: Johannes Schmidt

Angaben zum Herausgeber: Johannes Schmidt, geboren 1958 im Bergischen Land. Als Sohn eines Maler- und Anstreichers aufgewachsen in einem proletarischen Haushalt. Lehre als Elektroinstallateur mit einem Gesellenstück als Abschluss. Kriegsdienstverweigerung, Zivildienst in einer Einrichtung der Behindertenhilfe. Im Anschluss folgte als berufliche Tätigkeit die Betreuung von geistig und körperlich behinderten Menschen. Geistig verwandt mit Annie Ernaux, die gleichfalls in einem bildungsfernen Haushalt aufwuchs. Vorbildlich ihr Buch „Die Scham“, in dem die Autorin das beharrliche Gefühl der eigenen Unwürdigkeit thematisiert. Seit 1989 erste Versuche in kurzessayistischer Feuilletonprosa über Trivialmythen, die sich mit B-Movies, Pop, und Rhythm and Blues beschäftigen. Als Herausgeber von "Schmieds Katze" vollzieht sich eine Hinwendung zum "Autosoziobiografischen Erzählen". Buchveröffentlichung: »Schmieds Katze«, Edition Das Labor, Neheim 2025

Verlassene Ortschaften

Wenn Sauerländer lässig erscheinen wollen, benutzen sie Worte wie Handy, wenn sie ihr Feldtelefon meinen, Beamer, wenn sie einen Projektor meinen oder Lost Places, wenn sie eigentlich auf Aufgegebene Liegenschaften hinweisen wollen. Der Ausdruck „Lost Place“ ist ein Pseudoanglizismus, als…

Gute Nachbarn

Im „Ruhr-Möhne-Eck“ kommt zusammen, was sich dem Wiedenberg zugehörig fühlt. Der Freundschaftsclub „Ruhr-Möhne-Eck“ (RME) wurde im März 1955 in der Gaststätte Wiechen gegründet. Seither ist die gute Nachbarschaft am Wiedenberg geprägt von Offenheit, Neugier und Höflichkeit. Die nachbarschaftlichen Beziehungen waren…

Fünf Finger sind eine Faust

Am ersten Mai, dem Tag der Arbeit, wurde schnell die Parole: „Hoch die Internationale Solidarität!“ angestimmt. Mit diesem Ausruf sollte die Unterstützung für den Widerstand und die Kämpfe von Menschen in der ganzen Welt gegen Ausbeutung und Unterdrückung zum Ausdruck…

Überzogener Machbarkeitswahn

Die Neheimer lieben ihre Stadt für das, was sie sein könnte und hassen sie für das, was die Stadtplaner seit 1982 aus ihr gemacht haben. Ursprünglich zielte der gründlich gutgemeinte Plan der Kommunalpolitker – euphemistisch in einer Hochglanzbröschüre als „Neheimer…

Beobachterposten der städtischen Umwälzung

Jedes bebaute Grundstück, das sich einmal in menschlicher Nutzung befand, welches aber wieder aufgegeben wurde und Spuren hinterlassen hat, kann als brach liegend bezeichnet werden. Es ist auffällig, wie viele dieser Grundstücke in Neheim zu finden sind. Die Agrarlandschaft wurde…

Das Leben ist eine Baustelle

Im katholischen Sauerland ist Neheim dazu verdammt ewig zu werden und niemals zu sein. Neheim ist von den Folgen des 2. Weltkriegs weitestgehend verschont worden. Die Verheerungen sind erst danach entstanden. Seitdem Neheim zur Einkaufsstadt demoliert wurde, folgt ein immerwährender…

Der Maibaum

Der internationale Kampftag der Arbeiterklasse erinnert an das Leben der so genannten kleinen Leute, der Arbeiter und der unteren Mittelschicht. Auf glokaler Ebene erkennen wir wirtschaftliche Probleme und ein daraus resultierendes Alltagsleben, Liebe, Trennung, Zwänge und, überlebte Konventionen. Die Reaktion…

Herausfordernde Offenheit

„Die Stimme verbindet Menschen auf der ganzen Welt“, teilten die Landesmusikräte mit. Sie überwinde kulturelle, sprachliche und geografische Grenzen und schaffe eine Basis für Kommunikation und gegenseitiges Verständnis. „Die Stimme ist auch das erste Instrument, dessen wir uns bedienen, wenn…

Dunstiger Schatten des Winters

„Man brennt etwas ein, damit es im Gedächtnis bleibt: Nur was nicht aufhört, weh zu tun, bleibt im Gedächtnis.“ Friedrich Nietzsche Das Gefühl von Verlassenheit ist im Sauerland ein Zustand der Existenz, Vereinsamung oder Isolation. Er tritt insbesondere im Zusammenhang…

Erscheinungsdatum, mit Quellenangabe

„Don’t judge a book by its cover“, lesen wir in George Eliots »Die Mühle am Floss«, einem Roman, der lange Zeit nur noch in einer schmucklosen Reclam-Ausgabe zu kaufen gibt. Schmieds Katze wird heute, am Welttag des Buches, am 23.…

Metamärchen

„Erzähl doch kein Märchen!“, dieser Ausspruch wird von gern den Wahrscheinlichkeitskrämern verwendet, um die Glaubwürdigkeit und den Wahrheitsgehalt einer Geschichte anzuzweifeln. Wer Märchen erzählt, wird nicht ernst genommen. Dies erstaunt umso mehr, weil seit Wilhelm und Jacob Grimm die Volksmärchen…

Doctor Allwissend

„Ich öffne Türen und komm nicht hineinIch seh durch ein Fenster und kann nichts erkennenKeine Konturen, das Bild war ein SchattenDer Schatten ein Traum, das Licht Illusion“ Peter Hein, Fehlfarben Damit etwas Wesentliches in die Erinnerung zurückkehrt, muss zuweilen erst…

Erweiterung des Gesichtskreises

Streetphotography, Lichtstrahlen der Erkenntnis. „One Look Is Worth a Thousand Words“, findet sich als gedruckter Nachweis am 8. Dezember 1921 in der Fachzeitschrift Printers’ Ink. Auch im Deutschen Sprachraum steht das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ für…

Eine Schwalbe macht keinen Kriegssommer

Das Projekt Schwalbe I war eines der geheimen größten Bauprojekte der U-Verlagerung des Dritten Reiches. Der Bau mit dem ursprünglichen Decknamen „Eisenkies“ (der Mineralname ist hier die Kennung für eine neue, eigens eingerichtete Stollenanlage) ist eine der größten Stollenanlagen im…

Ruhrgebeat

Was den Herausgeber seit den 1970-er Jahren fasziniert ist RAP. Es ist interessant, weil jemand drei eng beschriebene DIN-A-4-Seiten auf einem rhythmischen Teppich herunterquasselt. Dies erinnert jedoch weniger an Musik, eher eine Sportart. Der Schauspieler Herbert Grönemeyer („Das Boot“) ein…

Hudelei 1, 2 & 3

Das Wort Hudewesen bezieht sich in Neheim auf die Bullenhaltung Die Arbeitsweise des Kurators wird einsichtig anhand des Hudehirten. Das Wort „Hude“ kommt nicht, wie anfangs vermutet, aus dem Suerländs-Platt, sondern aus dem Westfälischen und bezeichnet eine Hügelkuppe, auf welche…

Ausgestaltung der Ortlosigkeit

Nach dem Beschluss der Lokalpolitiker sollte jeder Stadtteil ein eigenes Gepräge erhalten. Für die Innenstadt von Neheim war der Claim „Einkaufsstadt“ vorbehalten. Nach der Neugestaltung der Marktplatte sollten auf der Mendenerstraße attraktive Geschäfte entstehen. Von der politischen Zuordnung als „Einkaufsstadt“…

Wunsch- werden zu Wirklichkeitsbildern

In Neheim kann die Reflexion und Verdopplung der Welt nurmehr in der Kunst geschehen. Zuweilen braucht es dafür jedoch ein Medium des 20. Jahrhunderts. Rock’n’Roll ist längst ein Bestandteil des kollektiven popkulturellen Referenzrahmens. Der Vorteil an den selbstgesetzten Regeln des…

Wohnumfeldverbesserung

„Hoppe hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben.“ Kniereitvers Ein Wassergraben ist ein künstlich angelegtes oder ausgebautes, zumeist geringfügig fließendes Gewässer. Einst bildete der Graben hinter der Stadtmauer die Grenze zwischen…

Trash, eine Ode an den Mülleimer

Ob Klickmaster, Pushbox oder Treteimer, die Abfalleimer der Fa. Wesco  erzeugen durch ihre Anmutung mittels Stahlblech, dass man dem Trash auch ästhetisch etwas abgewinnen kann. Handwerkliche Erfahrung und High-Tech bilden eine Einheit. Die Metallwarenfabrik WESCO steht für die Manufaktur im…

Carnevale

*** Weiterführend → Der Herausgeber würdigte den Fotographen Martin Vanselow, dessen Streetphotography er sehr schätzt, auf KUNO. Er freut sich über die Zusammenarbeit für diese Online-Publikation weil Vanselow nicht nur faszinierende Bilder aus dem Alltag hervorholt, sondern weil diese Momentaufnahmen…

Kommunikatives Handeln

Vor einem Jahr starb Karl Heinz Hosse, der in der Werkstattgalerie Der Bogen unter dem Künstlernamen KAHOS arbeitete. Der Herausgeber möchte ihn mit diesen Zeilen in Erinnerung halten. In einem Zustand der permanenten Debattenerregung ist das Publikum umstellt von Themen.…

Die Fackel, ein analoger Blog

„Während ich am „Kraus–Projekt“ arbeitete, war ich mir bewusst, dass seine Form der des Online–Diskurses ähnelt, zumal zu vielen der Fussnoten ja das (via Internet geführte!); ich hatte die leise Hoffnung, dass sorgfältige Leser schon merken würden, dass das Buch…