Allerheiligen ist in Neheim ein Gedenktag, an dem der Herausgeber an Schwester Aicharda und Abbé Franz Stock erinnert. Sie sind vorbildliche Menschen, die ihr Leben konsequent in den Dienst der Menschlichkeit gestellt haben und am 1. November verdeutlichen, dass jede Lebensgeschichte zugleich eine Leidensgeschichte ist.

Die Natural Born Neheimer sind Helden des Rückzugs. Täglich stellen sie sich den Zumutungen der Gegenwart und arbeiten an der RE:vision früherer Überzeugungen. Im Hinterland leben sie ein Leben in einer brüchigen Welt, die sie für Normalität halten. Der November bietet sich für vierwöchige Exerzitien an. Im Trauermonat bieten die Gedenk- und Feiertage die Möglichkeit, sich mit dem Tod und dem Gedanken an Verstorbene zu befassen. Diese Tage sind dazu gedacht, der Trauer einen weiten Raum zu geben und über die Endlichkeit des Lebens nachzudenken.
Stirbt jemand, so kann man sich mit seinen Hinterlassenschaften beschäftigen. So beeindruckten den Herausgeber die späten Klaviersonaten von Franz Schubert in der Interpretation von Alfred Brendel. Das Wort kongenial konnte ich noch nie leiden, aber hier trifft es ausnahmsweise zu. Schubert verzichtet in seinen Klavierwerken weitestgehend auf Dynamik und Fortschritt, sondern entwickelt ein lyrisches, warmes Themengeflecht, das er verschiedentlich verarbeitet. Und spätestens mit seinen drei letzten Klaviersonaten liefert er seine gewichtigsten Beiträge zu einer musikalischen Gattung, die nach ihm nur noch wenig Beachtung finden wird. Bei Brendels Schubert Einspielungen handelt es sich um einen ganz besonderen Schatz: Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber mit seinem zarten Anschlag und seiner feinen Lyrik gleicht fast dem von Wilhelm Kempff. Brendel lässt sich insbesondere in den langsamen Sätzen viel Zeit und akzentuiert die schnelleren nuancen- und farbenreich. Es wird bei diesen Einspielungen ohrenscheinig, wie er die Gegensätze, die Zerissenheit und Schroffheit, die in Schuberts Musik steckt, zum Ausdruck bringt. Er überspielt nichts, sondern zeigt die Klüfte und Brüche klar auf.
Sobald der Nebel den Blick auf das Land der tausend Berge verengt, vergegenwärtigt sich im Sauerland eine schwermütige Schönheit. Die innere Spaltung wird mit Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Depressionen bezahlt. Dies wird im November gesteigert durch ein Verharren in sprachloser Verlorenheit. Es gibt Erlebnisse und Ereignisse die in Neheim ewig andauern.
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Weiterführend → „Die Trauer um einen Toten ist die Bejahung seines Lebens, ist das Bekenntnis zum Diesseits als allein Erlebniswertem.“, schreibt Erich Mühsam in seiner Reflexion „Vom Tode“.