Ästhetische Nachhaltigkeit

„Bolan – Bowie – Boa, das ist eine ganz klare Linie“.

Tony Visconti

In der alten BRD gehörte der Westfale Ernst Ulrich Figgenaka Phillip Boa – zu den experimentierfreudigsten Musikern. Wesentlich dazu beigetragen hat der Neheimer Keyboarder Toett*, den der ansonsten stets Zynische Bandleader mit folgenden Worten geradezu adelte:

„Dem kann’ste einen abgeranzten Yamaha DX7 hinstellen, er holt immer den optimalen Sound für die Band raus.“

Man kann über Phillip Boa nicht sprechen und dabei über Pia Lund schweigen. Die tiefe erdenschwere Stimme Boas wurde stets begleitet vom ätherischen Gesang Lunds; am ohrenfälligsten in Songs wie Container Love und And Then She Kissed Her.

„Ich sehe nicht ein, warum wir uns immer um die Männer oder gar um ihre Schlachten kümmern sollten; die Geschichte der Frauen ist meist viel interessanter.“

Theodor Fontane

Gift ist ein außergewöhnliches Album. Aufgenommen wurde es im inzwischen legendären Can-Studio in Weilerswist bei Köln. Es ist eins der letzten Alben, die hier produziert wurden – bevor das Studio komplett abgebaut und im rock’n’popmuseum Gronau originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Can-Produzent René Tinner, der in seiner langen Karriere auch mit Lou Reed und Ry Cooder arbeitete, legte den Songs ein psychedelisch durchwirktes Mäntelchen um und trieb Lund und ihre Musiker zu Höchstleistungen. Verspielt und entrückt, wispernd und wissend sang und hauchte sich Pia durch fantastische Liebeslieder wie Arthur, digitale Swamp-Rocker wie Ann Sissy und fordernde Vamp-Allüren wie Try You Out. Zu den Höhepunkten zählt neben der Originalversion von Der Himmel (übrigens über die Jahre ein kleiner Radiohit in Österreich) auch das mitreißende Summer Is Over und das finale sehnsüchtige Somewhere. Diese Songs sind auch ohne Frischhaltefolie haltbar.

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Pia Lund erhielt in Anerkennung ihres musikalischen Werks das Hungertuch für Musik 2007

*Unvergessen von Martin Meinschäfers und Toett: Rosen & Gomorrha: „Das Leben ist kein Tanzlokal

Weiterführend → Der Begriff `Krautrock´ geht auf das Wort „Sauerkraut“ sowie die Bezeichnung „Krauts“ für die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg zurück. Peinlich wird Krautrock immer dann, wenn Deutsch Bands versuchen englische Texte zu verzapfen. Daher ein Hinweis auf die Deutschen Texte von Ton, Steine, Scherben. Sowie auf Ran! Ran! Ran! – THE BEST OF FAMILY*5 / VOL. I, zusammengestellt von Xao Seffcheque. . Danach ertastet KUNO den Puls des Motorik-Beats. Und machen eine Liebeserklärung an die „7-Inch Vinyl Record Single“. Krautrock ohne angloamerikanisches Vorbild – lässt es auch die Kraaniche fliegen? Auf Embryo’s Reise entdeckten die Musiker zwar nicht Amerika, sondern die Weltmusik. Ist das noch Krautrock? – Eher Labskaus vom feinsten! Last but least: Krautrock @ its best! Dank Kraftwerk gibt es inzwischen: Pop mit Pensionsanspruch.