„Die Stimme verbindet Menschen auf der ganzen Welt“, teilten die Landesmusikräte mit. Sie überwinde kulturelle, sprachliche und geografische Grenzen und schaffe eine Basis für Kommunikation und gegenseitiges Verständnis. „Die Stimme ist auch das erste Instrument, dessen wir uns bedienen, wenn wir als soziale Wesen miteinander umgehen, wenn wir unsere Gesellschaft gestalten oder Politik verändern wollen.“ Musikalisches und Soziales seien miteinander verwoben. „Es ist das Instrument, das uns zu Menschen macht“, meinen die Landesmusikräte in 2025.

Darstellende Künstler leben für die Kunst im Moment. Haben sie die Bühne verlassen, so ist ihre Stimme verklungen. Man möchte den Augenblick so verweilen lassen… wie es Kai Mönnich vermag. So wie in der Musik das richtige, genaue und reine Treffen jedes einzelnen Tones der Grund alles weiteren künstlerischen Vortrages ist, so ist auch in der Schauspielkunst der Grund aller höheren Rezitation und Deklamation die reine und vollständige Aussprache jedes einzelnen Worts.
Mönnich transportierte mit Hilfe der Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung die Emotionen und Gedanken des Textes zum Zuhörer. Seine Rezitation hatte zum Ziel, »Schmieds Katze« hörbar zu machen; dabei waren Interpretationstechniken wie Atemtechnik, Stimmtechnik sowie Sprechtechnik von Bedeutung. Er spürt der Sprache auch als akustischem Phänomen nach. Dieser Rezitator gibt der Sprache einen Körper, verleiht ihr Gestalt und Kontur, er gehört damit zu den Vortragenden, die nicht nur Text, sondern Klang produzieren; seine Stimmführung ist zuweilen Musik. Unangestrengt schafft er geflüsterte, gesprochene Sprachkunstwerke. Als Schauspieler verfügt Mönnich über eine schattierungsfähige Stimme, die viele Zwischentöne kennt. Auf eine sensible Art spröde. Sanft und energisch. Warm und weich. Rauh, klar und sehr energisch.
„Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch.“
Friedrich Hölderlin
Die Katze will hier nicht in Kulturpessimismus verfallen, sondern eher dem Sound of Growing von Kai Mönnich lauschen… das Video versucht sich in einer Erfassung der Realität unter Berücksichtigung der Umstände. Im Boden der Trümmerfelder, als die sich der Deutsche Wald darstellt, keimt bereits eine neue Form von Natur und diesem Sound versucht Mönnich nachzulauschen. Die Birke ist der erste Baum, der Gelände gewann, aber man sieht auch das Bergahorn, die Hainbuche, und die Zeder. Je höher die Artenvielfalt ist und je besser diese Arten miteinander vergesellschaftet sind, umso geringer ist das Risiko von künftigen Waldschäden. Wir erkennen, es gibt kein Totholz, es geht um die Verstrickungen mit dem Moos im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
Statt eine weitere Weltanschauung auf den Markt zu werfen, mit der sich viel kritisch beäugen lässt, ohne etwas zu ändern, geht es Mönnich darum, eine Haltung zu finden. Er bewegt sich auf dem schmalen Grat des richtigen Tons, es ist kein moralischer, sprachlicher sondern leiblicher Drahtseilakt, den er vollzieht, ein Tanz über dem Abgrund, in den wir hineinschauen und erkennen müssen: das geht uns alle an!
Man sollte der Natur die Zeit geben und sich selber überlassen. Andernfalls droht der Rückfall in eine Megalithkultur und nicht etwa das Papier oder die Platine speichern das Wissen, sondern die Runen, welche in die Steine eingelassen wurden. Dieser Planet hat bereits fünf Mal ein Artensterben überlebt, es wird sich auch diesmal gut ausgehen. Ob der Mensch noch zwingend dazu gehört, wird sich noch erweisen.
***
Schmieds Katze, von Johannes Schmidt. Edition Das Labor 2025

Im Befragen dessen, was Heimat ausmacht, geht es um den Verlust lokaler Identität. 5760 Neheim ist ein affektiv besetzter Ort mit ehemals prägenden Wörtern, Dialekten, Berufsbezeichnungen, ihren Erhebungen und Abgründen, ihrem lokalen Wissen, ihren geheimen Geschichten und Überlieferungen. Die Vertellstückskers zeigen, wie ´Autosoziobiografisches Schreiben` im Hinterland betrieben wird. Im Land der 1000 Berge existieren Tiefenzeiten und Rückzugsräume. Es gibt im Sauerland noch Orte, in denen die Bürger jenseits des medialen Zerstreutseins zu Hause sind, in denen natürlichen Gegebenheiten und geschichtlichem Gewordensein sie mit anderen aufgehen können. Ähnlich wie bei Annie Ernaux steht auch für den Herausgeber Johannes Schmidt die Thematisierung von Klassismus in diesen Erzählungen im Vordergrund. Er verwandelt sich in einen Kehrichtsammler der Tatsachen, die Bagatellen des täglichen Provinzlebens werden in bizarre scheinenden und möglichst unterhaltsamen Geschichten festgehalten.
Weiterführend → Der Herausgeber würdigte den Fotographen Martin Vanselow, dessen Streetphotography er sehr schätzt. Er freut sich über die Zusammenarbeit für diese Online-Publikation weil Vanselow nicht nur faszinierende Bilder aus dem Alltag hervorholt, sondern weil diese Momentaufnahmen nebenher auch großartige Sozialstudien sind.
→ Ein weiterer Rückblick auf die Veranstaltung findet sich auf der Seite der LGA.