Es ist ein Irrlehre, dass mehr Information zu fruchtbarer Wahrheit, Freiheit, und Demokratie führt.

Erinnerung täuscht – das ist ihr schönstes Spiel – war es jedoch nicht so, dass Buchhandlungen einst ein Garant für den freien Geist waren, ein Ort für den Austausch. Dies begann bereits damit, dass die Schulbücher dort gekauft wurden. Damals lautete unter anderem der Titel des Lesebuchs für die Grundschule „Die gute Saat“. Ob diese metaphorischen Samen in den Köpfen der Kinder aufgegangen sind, konnte der Buchhändler betrachten, wenn sie sich in die Kinderecke gesetzt haben, um in den Büchern zu schmökern, die sie von ihrem Taschengeld gekauft haben.
Der lesende Mensch kann den vornehmsten Zweck erfüllen, Literatur zivilisiert zur Freundlichkeit.
Die romantische Vorstellung einer Buchhandlung als ein Ort des Wissens, der Inspiration und des kulturellen Erbes ist perdü. Die klassische Buchhandlung ist durch das eBook und dessen Online-Vertrieb bedroht. Eine Gegenbewegung besteht im Wiederaufleben genossenschaftlich getragener Buchläden, die im Gemeinschaftseigentum von Buchhändlern und Kundenstamm liegen.
Seit es das World Wide Web gibt, existiert eine neue Form des Versandbuchhandels, die Internetbuchhandlung.
Inzwischen sind die wichtigsten ´Player` so genannte Versandbuchhandlungen, ihr Vertrieb anonym erfolgt über das www, die Auslieferung erfolgt via Paketpost. Dieses virtuelle Angebot kann dem Kunden jedoch nicht das Erlebnis einer ´echten Buchhandlung`, persönlicher Beratung und der Begegnung mit Autoren bei einer Lesung bieten. Ganz abgesehen vom olfaktorischen Vergnügen in einer Buchhandlung eine Kombination aus Gras-Noten und einem Hauch Vanille zu riechen.
Schade, dass es in Neheim keine mehr gibt;(-
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Schmieds Katze, von Johannes Schmidt. Edition Das Labor 2025

Im Befragen dessen, was Heimat ausmacht, geht es um den Verlust lokaler Identität. 5760 Neheim ist ein affektiv besetzter Ort mit ehemals prägenden Wörtern, Dialekten, Berufsbezeichnungen, ihren Erhebungen und Abgründen, ihrem lokalen Wissen, ihren geheimen Geschichten und Überlieferungen. Die Vertellstückskers zeigen, wie ´Autosoziobiografisches Schreiben` im Hinterland betrieben wird. Im Land der 1000 Berge existieren Tiefenzeiten und Rückzugsräume. Es gibt im Sauerland noch Orte, in denen die Bürger jenseits des medialen Zerstreutseins zu Hause sind, in denen natürlichen Gegebenheiten und geschichtlichem Gewordensein sie mit anderen aufgehen können. Ähnlich wie bei Annie Ernaux steht auch für den Herausgeber Johannes Schmidt die Thematisierung von Klassismus in diesen Erzählungen im Vordergrund. Er verwandelt sich in einen Kehrichtsammler der Tatsachen, die Bagatellen des täglichen Provinzlebens werden in bizarre scheinenden und möglichst unterhaltsamen Geschichten festgehalten.
Weiterführend → Der Herausgeber würdigte den Fotographen Martin Vanselow, dessen Streetphotography er sehr schätzt. Er freut sich über die Zusammenarbeit für diese Online-Publikation weil Vanselow nicht nur faszinierende Bilder aus dem Alltag hervorholt, sondern weil diese Momentaufnahmen nebenher auch großartige Sozialstudien sind.