Königlich-preußisches Amtsgericht

Neheim wurde mit ´Deutscher Gründlichkeit` kernsaniert, sodass sich der Flaneur wundert, wenn ihn doch einmal der Mantel der Geschichte streift.

1815 wurde Westfalen, somit auch das Sauerland preußisch. Daher erklärt sich der Name des Amtsgerichts.

Das Amtsgericht Neheim wurde 1894/95 erbaut und steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude wurde als königlich-preußisches Amtsgericht konzipiert. Im hinteren Teil des rechten Flügels war ein Gefängnistrakt untergebracht. Dieser Zustand setzt sich gewissermaßen in Form einer Gated Community fort, die schmiedeeisernen Zäune sind erhalten geblieben.

Bei diesem Gerichtsgebäude handelt sich um einen zweigeschossigen Flügelbau im Stil der Neorenaissance. Auffällig ist ein hoher Kellersockel. Die Fassade zur Straße ist repräsentativ unter anderem durch einen Volutengiebel über einem dreiachsigen Mittelrisalit gestaltet. Weitere Schmuckelemente sind Fenstergesimse, Voluten oder aufgesetzte Kugeln. Über dem Portal ist ein Wappen angebracht. Einige Stilelemente wie ein Volutengiebel finden sich auf der Hofseite wieder.

Zu den Anleihen an den Renaissancestil zählt auch ein Treppenturm im Gebäudezwickel mit einem handwerklich beeindruckenden Schieferdach plus Wetterspitze.

Nach der Aufhebung des Amtsgerichts Neheim diente der Bau zu Verwaltungszwecken und war in kommunalem Besitz. Im Jahr 1984 wurden Dach und Fassade renoviert. Im Juni 2016 wurde das Gebäude veräußert und wird auf insgesamt 1400 Quadratmeter zu elf Eigentumswohnungen umgebaut. Der historische Charakter der ´Dingstätte`ist dabei nicht verloren gegangen. Die Außenfassade wurde erhalten und nach der Sandstrahlen-Fassadenreinigung mit einem neuen Farbanstrich versehen.

Auch die Innengestaltung bezieht Details aus der Preußischen Vergangenheit wie das Pförtner-Fenster im Eingangsbereich mit ein, fast glaubt der Betrachter dahinter einen Wachmann mit Pickelhaube zu erblicken… und eigentlich wäre dies die ideale Residenz des langen Fritz aus Brilon.

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Adolf Loos war ein österreichischer Architekt, Architekturkritiker und Kulturpublizist. Er gilt als einer der Wegbereiter der modernen Architektur. Seine bekanteste Schrift ist der Vortrag Ornament und Verbrechen (1910). Darin wird argumentiert, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien und dass der moderne Mensch wirkliche Kunst allein im Sinne der Bildenden Kunst erschaffen könne. Ornamentale Verzierungen oder andere besondere künstlerische Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand seien eine ebenso unangemessene wie überflüssige Arbeit.